The Long Dark im Test

Wer wie ich nur ungern im echten Leben inmitten einer Eiswüste ums Überleben kämpfen möchte, für den gibt es Spiele wie The Long Dark. Survival Games, die sich vorgenommen haben den interessierten Gamern alles abzuverlangen, sind liegen momentan im Trend der Indie-Entwickler.

Das größte aktuelle Beispiel ist natürlich ARK: Survival Evolved, das in die Überlebensmischung noch Dinosaurier geworfen hat. Diese sucht man in dem von Hinterland Games entwickelten Titel allerdings genauso vergeblich wie die Option online mit anderen spielen zu können. Ob der Singleplayer-Ansatz vollumfänglich funktioniert und vorallem wie gut die Kampagne funktioniert, soll der folgende Test klären.

Wintermute

Wer sich den Trailer angesehen und die einleitenden Worte gelesen hat, wird wissen, dass The Long Dark im Gegensatz zu anderen Survival-Games einen Story-Modus mit sich bringt, der in mehreren Episoden veröffentlicht wird. Aktuell erhältlich sind dabei zwei von insgesamt fünf geplanten Episoden innerhalb einer ersten Season. Die Titel der Folgen lauten “Do Not Go Gentle” und “Luminence Fugue“.

Hier schlüpft man in die Rolle von Will Mackenzie, einem Piloten, der von seiner Ex-Frau Astrid aufgesucht wird. Dass zum Status ihrer zerrütteten Beziehung noch nicht das letzte Wort gesprochen ist, merkt man genauso, wie das mysteriöse Verhalten von Astrid. Die Ärztin führt einen Koffer mit sich, über deren Inhalt sie nichts verraten möchte und bittet Will sie ohne Fragen zu stellen zu einem schwerkranken Menschen zu fliegen.

Als sie sich auf den Weg machen, überrascht sie ein geheimnisvolles Licht, das dafür sorgt, dass die Instrumente des Flugzeugs versagen und Will notlanden muss. Als er zu sich kommt, liegt er inmitten von zahlreichen Trümmern. Von Astrid fehlt jede Spur. Verletzt und verwirrt, macht er sich auf die Suche nach ihr und der Überlebenskampf beginnt.

Ein gutes Tutorial

Als Tutorial funktioniert der Einstieg der ersten Episode schon einmal hervorragend. Man wird ein wenig an die Hand genommen und verschiedene Mechanismen werden erklärt. Logisch, dass man vor einem Sturm Schutz suchen sollte – beispielsweise in einer Höhle – oder dass man Holz sammeln muss, um Feuer machen zu können. Aber es geht noch weiter: Schnee kann geschmolzen werden, damit man Trinkwasser hat, Antibiotika müssen eingenommen werden, wenn man Entzündungen bekämpfen möchte und ohnehin sollte man all die eigenen Statistiken der Lebenserhaltung immer im Blick haben. Diese sinken nämlich ständig weiter ab.

Also immer schön die Augen offen halten und beispielsweise auf Krähen achten, um Aas finden zu können. Denn sonst stirbt man ganz schnell an Hunger, erliegt seinen Verletzungen oder erfriert. The Long Dark ist ein ausgezeichnet intensiver Kampf ums Überleben.

Mit der Zeit lockert der Titel seinen Griff und überlässt den Spieler immer mehr sich selbst. Wichtig ist neben den erwähnten Statistiken auch immer ein Blick auf die Uhr. Denn jede Aktion benötigt auch Zeit. Und die bleibt einem nicht immer.

Zum Verzweifeln intensiv

So kann es durchaus vorkommen, dass man kurz vor seinem Ziel vor Erschöpfung zusammenbricht und stirbt. Oder dass man, während man seine Kleidung flickt, so viele Kalorien verbraucht, dass es unmöglich scheint das Essen zuzubereiten. Denn ja, jede Aktion verbraucht auch Kalorien. Außerdem muss manchmal das Essen auch erlegt werden, denn nicht immer liegt das Aas tiefgefroren bereit. Hat man keine Waffe, tut es womöglich auch ein Stein. Aber durch das Fehlen eines Fadenkreuzes gestaltet das der Wurf schwierig bis unmöglich. Und selbst wenn man trifft, ist das Tier im besten Fall kurz betäubt…

Schnell wird klar, dass The Long Dark keine halben Sachen macht und eine zum verzweifeln intensive Erfahrung kreiert. Der Tod ist immer greifbar und sitzt einem im Nacken, während das Überleben nicht viel mehr als eine schwache Hoffnung ist.

Schwaches Missionsdesign

Leider warten innerhalb der Kampgne zu viele Missionen gleichen Musters. Hauptsächlich Hol- und Bring-Quests müssen erfüllt werden, möchte man das Vertrauen von Einheimischen gewinnen. Die Charaktere selbst sind oftmals mysteriös und interessant, ihre Aufgaben bleiben allerdings in jener stupiden Routine.

Zumal die Belohnungen jenseits des Vertrauens oftmals nur sehr gering ausfallen. Während man sich quält, um beispielsweise Nahrung zu finden, wartet als Belohnung nur eine kleine Portion an Essen. Ein Nachschlag ist nicht drin und man fragt sich doch, warum man die Mühe auf sich genommen hat, nur um selbst dem Tod ein Stückchen näher gerückt zu sein. Hier fehlt leider generell der Feinschliff: Denn durch die ständig tickende Uhr, kann es auch passieren, dass man verstirbt während man auf die Belohnung wartet. Das ist natürlich nicht besonders motivierend und etwas, das hoffentlich durch einen Patch ausgebessert wird.

Ansonsten macht die Geschichte Lust auf mehr, zumal sich die Spielwelt in Episode zwei anfängt zu öffnen.

Der Überlebensmodus

Neben der Kampagne dürfen sich Spieler auch in einem theoretisch unendlichen Spielmodus austoben. Im Überlebensmodus greifen die gleichen Spielmechaniken, wie während der Story, aber ein Tutorial oder Ziele sucht man vergeblich. Hier geht es rein um den Kampf ums Überleben. Wer stirb, bleibt dabei tot. Dann hilft nur ein Neustart.

Schön ist, dass Hinterland Studio zahlreiche unterschiedliche Schwierigkeitsgrade eingebaut hat und man sich selbst aussuchen kann, wie hart die Umgebungen einen fordern oder ob wilde Tiere auch angreifen oder einen in Ruhe lassen. Das sind schöne und vielfältige Optionen, die einiges an Frust nehmen können.

Zur Technik

Da aktuelle Patches die Framerate stabilisieren und Abstürze vermindern konnten, läuft The Long Dark auf unserer PlayStation 4 sehr gut. Die Grafik ist nicht sehr detailliert, sondern überzeugt durch eine überstylisierte Darstellung der kanadische Wildnis. Wer knackige und realistische Texturen sucht, sollte sich ein anderes Spiel suchen, während all jene, die einen comicartigen Look schätzen voll auf ihre Kosten kommen werden.

Die Effekte sind hervorragend. Egal ob Schneestürme oder die grandiosen Polarlichter, hier warten optische Leckerbissen. Auch der Soundtrack ist äußerst gelungen und atmosphärisch. Hier gibt es nichts auszusetzen.

Fazit

The Long Dark ist ein sehr guter Survival-Titel, der einem eindringlich aufzeigt wie schwierig es sein kann sich vor Hunger, Kälte und Erschöpfung zu schützen. Abgesehen von kleineren Balancing-Problemen und den repetitiven Quests gibt es keine größeren Fehler, die den Spielspaß trüben könnten.

Man sollte sich aber darüber im Klaren sein, wie hart und unnachgiebig das Spiel sein kann. Frust und Erfolgserlebnisse liegen hier sehr nah beinander. Ich hatte sehr viel Spaß mit dem Spiel und freue mich vorallem auf die Fortsetzung der Kampagne. Dann aber bitte mit besserem, beziehungsweise überarbeiteten Quest-Design.

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